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TTIP und die Roten Linien der SPD

Eckart Kuhlwein                                                                             12. Mai 2015

Geschäftsführer des umWeltforums der SPD Schleswig-Holstein
Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde

Zur Diskussion in der SPD um die Freihandelsabkommen

Die Diskussion über die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA (TTIP) bzw. Kanada (CETA) spitzt sich zu. Auch in unserer Partei gibt es fast alle Positionen: Stoppt TTIP und Neuanfang von Verhandlungen, über ROTE LINIEN (Parteikonvent September 2014) bis zur fast bedingungslosen Zustimmung, weil Deutschland vom Freihandel lebe. Sigmar Gabriel versucht jetzt „nachzubessern“. Er will aus den in CETA und in den Verhandlungen zu TTIP vorgesehenen privaten Schiedsgerichten (ISDS) öffentlich tagende bilaterale Handelsgerichte mit Berufsrichtern und Revisionsmöglichkeiten machten. Das wäre schon ein interessanter Schritt. Aber auch das trifft auf begründete Kritik. Bei CETA dürfte das vor der Ratifizierung auf keinen Fall gelingen. Und für TTIP haben bereits führende US-Experten abgelehnt.

Wirft Sigmar Gabriel nur Nebelkerzen?

Es gibt an Gabriels Vorschlag gut begründete Kritik: An der Bevorzugung ausländischer Investoren rüttelt sein Vorschlag nicht: Nur ausländische Investoren - nicht inländische und auch nicht normale Bürger - bekommen das exklusive Recht, Staaten vor einem internationalen Schiedsgericht zu verklagen, während für alle anderen die nationalen und europäischen Gerichte zuständig sind. Auch an der Einseitigkeit des Investorenschutzes wird nicht gerüttelt: Investoren bekommen nur Rechte, während ihnen keine Pflichten auferlegt werden; daher würden auch nur Investoren vor Gabriels Gericht klagen können, während Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen durch Investoren vor diesem Gericht nicht eingeklagt werden          
könnten.

Außerdem kommen die Vorschläge von Sigmar Gabriel für CETA, das ausdrücklich auch als Vorlage für TTIP genannt wird, zu spät. Wenn er es ernst meinte, müsste Deutschland sowohl CETA als auch einen ebenso bereits ausgehandelten EU-Singapur-Vertrag ablehnen oder auf substantielle  Neuverhandlungen drängen. Davon ist bisher nichts zu hören. Es könnte sich also um eine Nebelkerze handeln, die hauptsächlich dazu dienen soll, die     Öffentlichkeit und die eigene Partei zu verwirren und abzulenken von dem, worum es beim Investitionsschutz  wirklich geht: Einem massiven Machttransfer auf Kapitaleigner sowie  private Anwälte, zu Lasten der Demokratie und unserer öffentlichen Gerichte.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström will die Schiedsstellen jetzt auch stärker in Richtung normaler Gerichte entwickeln. Ihr Vorschlag sieht eine Berufungsinstanz vor, zudem soll vorab eine Vorauswahl der privaten Schlichter getroffen werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Außerdem soll es schärfere Kriterien für die Qualifikation der Schiedsleute geben. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht in Malmströms Papier  einen ersten Schritt „in die richtige Richtung". Das vorliegende Papier sei aber "noch nicht einigungsfähig". Es müsse "Konkretisierungen" geben. Deutschland strebt nach Aussagen des zuständigen BMWi einen permanenten "bilateralen Schiedsgerichtshof′“ an, der allerdings keinen festen Sitz haben müsse. Forderungen Berlins an Malmström sind demnach unter anderem, Richter oder Akademiker als Schiedsleute vorzusehen und dies nicht Anwaltskanzleien zu überlassen, die womöglich in Interessenkonflikten stünden. Zudem müsse der nationale Rechtsweg immer Vorrang vor dem Schiedsgericht haben.

Neue Handelsgerichte verfassungswidrig?

Andreas Fischer-Lescano, Professor für Europarecht an der Universität Bremen, hält solche Handelsgerichte sogar für verfassungswidrig. Er schreibt in der taz:

„Sigmar Gabriels Vorstoß, im Rahmen der Verhandlungen über die transatlantischen Freihandelsabkommen einen Investitionsschiedsgerichtshof zu etablieren, ist ein Akt der Verzweiflung. Der Bundeswirtschaftsminister versucht damit, die riesige Kluft zwischen den vermeintlichen Anforderungen transnationaler Wirtschaftspolitik und den rechtspolitischen Interessen der Sozialdemokratie, die ihm wiederum wirklich am Herzen liegen sollten, zu überwinden. Dass dieser Versuch schon nach wenigen Tagen als gescheitert gelten kann, zeigt das Plädoyer des Österreichischen Bundeskanzlers Faymann (SPÖ), die ISDS-Klauseln (also die zu möglichen Streitbeilegungsverfahren) aus den Verträgen zu nehmen.

Außer Spesen nichts gewesen?

Schwerer als die politischen Widerstände wiegt aber, dass Gabriels Vorschlag weit an den realpolitischen Machbarkeiten vorbeizielt; so weit, dass die Vermutung naheliegt, dass eine Umsetzung gar nicht gewollt ist. Der Bundeswirtschaftsminister zelebriert ein Manöver des "Als ob", das sein Scheitern offenbar schon einkalkuliert hat, aber der rumorenden SPD-Basis demonstrieren will: Der Vorsitzende hat in Sachen Ceta und TTIP alles versucht, jetzt sind Kompromisse gefragt...

Gabriels Vorschlag löst kein einziges der von TTIP-Kritikern benannten Probleme: Die undemokratische Entscheidungsstruktur der Ausschüsse bleibt unangetastet. Die Klausel zur "fairen und gerechten Behandlung", über die transnationale Unternehmen eine privilegierte Stellung erhalten, soll zwar im Schutzumfang an das nationale Recht gebunden werden. Dann aber bedürfte es ihrer nicht, dann würde der Diskriminierungsschutz reichen.

Der Entwurf sagt zu solchen Ungereimtheiten nichts, die Gefahr der Aushöhlung sozialer Rechte durch die Freihandelsverträge bleibt damit evident. Gabriels Entwurf äußert sich auch nicht zur strukturellen Diskriminierung von Drittbetroffenen, die beispielsweise als Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch Investitionen keine Möglichkeiten haben, ihre Rechte vor einem solchen Gerichtshof zu vertreten. Und am schwersten wiegt: Der Entwurf schweigt sich darüber aus, dass ein solcher Gerichtshof vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) niemals akzeptiert werden wird. Der EuGH hat Anfang des Jahres in einem Gutachten festgestellt, dass die EU sich nicht dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unterwerfen darf. Wenn man die Begründung dieser Entscheidung liest, wird man leicht feststellen: Der EuGH wird weder Schiedsgerichte noch einen Investitionsgerichtshof neben sich akzeptieren. Man kann das in die Freihandelsverträge hineinschreiben, der EuGH wird es wieder hinausjudizieren. Gabriels Vorstoß und sein Musterentwurf sparen diese Frage - an der ihre Realisierbarkeit scheitert - denn auch explizit aus...

Der Vorstoß des SPD-Vorsitzenden ist aber nicht nur in sich nicht stimmig. Er verweigert sich leider auch den rechtspolitischen Gestaltungsfragen der transnationalen Wirtschaftsverfassung. Der Eigentumsschutz ist durch die regionalen Menschenrechtsgerichtshöfe gewährleistet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schützt diese Rechte - auch von ausländischen Investoren. Er tut dies in einer ausgewogenen Weise und geht davon aus, dass "Eigentum verpflichtet". Dieser Grundsatz wird, das ist absehbar, durch einen Investitionsgerichtshof bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt werden. Es wird zu Zuständigkeitskonflikten kommen, widersprechenden Urteilen und einem "forum shopping", das es transnationalen Unternehmen ermöglicht, unterstützt durch transnationale Anwaltsfabriken, die demokratischen Entscheidungsverfahren über Jahre hinweg zu blockieren...

Worum geht es eigentlich bei TTIP und CETA?

Es geht um den Abbau sogenannter „nicht-tarifärer Handelshemmnisse“. Das sind alle Arten von Handelshemmnissen, die nicht die Form von tarifären Handelshemmnissen (Zölle, Mengenbeschränkungen) haben, also technische Vorschriften, industrielles Sicherheitsrecht, Lebensmittelrecht, Arzneimittelrecht, Zulassungsbedingungen für Kfz und andere staatliche Maßnahmen. Dazu gehören auch Maßnahmen, die nicht mit handelspolitischen Motiven verknüpft: sind, sich aber dennoch auf die Warenströme auswirken wie Normen und Standards, z.B. umweltpolitische Produktnormen, Abgasvorgaben, Verpackungsvorschriften, Sicherheitsvorschriften, Bevorzugungen in der staatlichen Auftragsvergabe. Wenn all dies geregelt werden soll, stehen europäische Standards auf dem Spiel. Und besonders kritisch ist die „regulatorische Zusammenarbeit“, bei der Gremien unbekannter Zusammensetzung jeweils vor geplanten Änderungen der Gesetzgebung in der EU, in den Nationalstaaten, in den USA informiert werden sollen, um Empfehlungen abzugeben, ob sich solche Pläne mit TTIP bzw. CETA vertragen.

Damit gäbe es praktisch eine nicht legitimierte Ersatzgesetzgebung, welche die demokratisch legitimierten Gesetzgeber von neuen Regulierungen abhalten könnte bzw. Gründe zur Klage gegen solche Regulierungen liefern könnte.

Kritische Bewertung von Schiedsgerichten und Handelsgerichtshöfen

Ein Kommentar dazu von ttip-unfairHandelbar:

Auch ein solcher internationaler Gerichtshof (wie der von Gabriel vorgeschlagene) müsste einem Investor wegen geschmälerter Gewinnerwartung auf Grund einer Regulierung Schadenersatz aus Steuermitteln zusprechen, wenn die Abkommen dies vorsehen, z.B. über die „indirekte Enteignung“ bzw. die „faire und gerechte Behandlung“. Denn auch und gerade ein internationaler Gerichtshof müsste sich ans Völkerrecht halten, und bei TTIP & Co. handelt es sich nun mal um völkerrechtliche Verträge. Im Zweifel könnte auch so ein Gerichtshof sogar als eine Art „Deal“ die Rücknahme der Regulierung vorschlagen. Die Folge wäre also die gleiche: Verzicht der Parlamente auf Regulierung aus Angst vor Klagen. Es kommt im Grunde nicht darauf an, welches Gericht da urteilt, unabhängig davon, dass die privaten Schiedsgerichte natürlich trotzdem ein besonderer Skandal sind.

TTIP wird durch den Vorschlag eines normalen Gerichts, welcher Art auch immer, ob nur zwischen Europa und den USA oder als internationales Welthandelsgericht, nicht besser, sondern schlicht verunmöglicht. Und zwar durch einen endlosen Verhandlungsprozess, dem die Errichtung eines solches Gerichts erfahrungsgemäß vorausgehen würde. Denn es müsste eine Einigung über hochkomplexe Fragen gefunden werden, wie das materielle Recht (also Anspruchsgrundlagen, wann kann geklagt werden, bei welchen potenziellen Rechtsverletzungen etc.) und über in der Regel noch heiklere prozessrechtliche Fragen wie etwa die Richterernennung im Einzelnen, wie sieht die Gerichtszuständigkeit im Verhalten zum EuGH, zum Bundesverfassungsgericht und zu anderen Verfassungsgerichten aus. Wo soll das Gericht tagen, in der EU oder in den USA? Mal hier, mal dort?

Italiens steigt aus der Energiecharta aus

Mit Italien kündigt nun erstmals auch ein EU-Mitgliedsland einen Investitionsschutzvertrag, nämlich die 1998 vereinbarte Europäische Energiecharta (ECV), die Investorenklagen gegen Staaten vor Schiedsgerichten ermöglicht. Ab 2016 wird Italien nicht mehr Mitglied sein.

Trotzdem können Investoren, die bereits im Land tätig sind, noch weitere 20 Jahre auf Basis  des ECV klagen. Die ECV-Charta nutzt unter anderem der schwedische Konzern Vattenfall, um von Deutschland vor einem privaten Schiedsgericht Schadensersatz in Milliardenhöhe wegen des Atomausstieges zu bekommen.

Offiziell begründet die italienische Regierung ihren Ausstieg zwar damit, dass sie Kosten sparen wolle. Nach einer "Evaluierung der Maßnahme" habe man entschieden, die Beiträge für das Sekretariat der Charta einzusparen. Doch in Italien wird auch über andere Gründe spekuliert. Offensichtlich wächst in der Regierung die Sorge, zunehmend von ausländischen Investoren vor internationalen Schiedsgerichten verklagt und dann zu hohen Strafzahlungen verurteilt zu werden. Ein Verfahren, in dem der Regierung die Streichung von Solarsubventionen zum Vorwurf gemacht wird, läuft bereits. Und gegen die spanische Regierung sind ans dem gleichen Grund bereits fünf Klagen vor dem Washingtoner ICSID-Gericht eingereicht worden, das für Klagen aus der Energiecharta zuständig ist.

Die Position der SPD in Schleswig-Holstein

„Verhandlungsauftrag für TTIP neu  aufstellen“

Der Landesparteirat der SPD Schleswig-Holstein hat am 24. Januar 2015 zu TTIP und CETA u. a. wie folgt beschlossen:

„Viele gesellschaftliche Akteure fordern vor diesem Hintergrund einen Stopp der Verhandlungen. lhre Sorgen nehmen wir sehr ernst. Die SPD Schleswig-Holstein unterstützt die Forderung des DGB-Bundeskongresses und fordert die bisherigen TTIP-Verhandlungen kritisch aufzuarbeiten und neu aufzustellen, alle bisherigen Verhandlungsergebnisse und Protokolle zu veröffentlichen und einen transparenten Verhandlungsauftrag der EU zu bestimmen, dabei müssen mindestens die roten Linien des SPD-Parteikonvents gelten. Er soll folgende Bedingungen erfüllen, die auch Maßgabe für die Europäische Kornmission für alle zukünftigen Handelsabkommen  sein müssen.“

Und dann folgen unsere ROTEN LINIEN, die dem Beschluss des Parteikonvents vom September 2014 entsprechen.

Deutliches Votum auch zu CETA:

„Der Landesparteirat fordert alle politischen Entscheidungsträger auf, darauf hinzuwirken, dass CETA in der vorliegenden Form nicht ratifiziert wird. Grundlegendes muss neu verhandelt werden. Der Landesparteitag setzt sich für ein kanadisch-europäisches Handelsabkommen ein, das für die Menschen gemacht wird. Die Rechte der Bürgerinnen und Bürger müssen gewahrt bleiben.“

 

„Subsidiarität“ muss in Europa weiter gelten:

Aus dem Wahlprogramm der SPD zur Europa-Wahl 2014:

„Politisch bedeutet Respekt für Vielfalt in Europa, dass Aufgaben dort angepackt werden sollten, wo sie am besten politisch zu lösen sind. Die EU sollte nur das  regeln, was  die  Städte, Kommunen,  Länder  oder  Staaten  nicht  besser  selbst  regeln können. Wir wollen, dass sich die EU an dieses Prinzip hält. Dies ist ein  Gebot  der Bürgernähe.“

Und dann gibt es dort auch noch eine Aussage zur Spionage durch die NSA:

„Zeitgleich mit  den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA müssen auch substanzielle  Fortschritte  im  Bereich  des Schutzes  der Privatsphäre   und  der  Bürgerrechte  erreicht werden.“

Kommentar von Eckart Kuhlwein: Da hat sich die Lage nach den Enthüllungen über die Zusammenarbeit  zwischen BND und NSA weiter zugespitzt. Der Konflikt mit den USA um den Datenschutz ist deshalb überhaupt noch lange nicht ausgeräumt. Aber ein Bekenntnis von Sigmar Gabriel dazu im Zusammenhang mit den TTIP- oder CETA-Verhandlungen fehlt bisher völlig.

Warum wir alle für TTIP haftbar gemacht werden sollen

Sigmar Gabriel hat auf einer Veranstaltung der SPD Schleswig-Holstein  zu TTIP etc. am 22. April 2015 in Kiel auf die Frage nach einer Mitgliederbefragung zu den geplanten Abkommen darauf hingewiesen, dass schließlich 76% der SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag und damit auch den Verhandlungen zu TTIP zugestimmt hätten. Damit macht er sich das jedoch intellektuell zu einfach. Die große Mehrheit der Partei hat für die Beteiligung an der Regierung gestimmt, weil sie glaubte, die SPD müsse wieder mitgestalten können. Weder Sigmar noch wir lassen uns deshalb z. B. für die Ausländer-Maut und für das Betreuungsgeld in Anspruch nehmen. Und für uns gilt das auch für TTIP etc.

Im Koalitionsvertrag steht zwar, dass wir (die Koalitionspartner) „genauso wie den Erfolg der Verhandlungen der Europäischen Union über ein Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) auch den zügigen Abschluss weiterer Handelsabkommen mit dynamisch wachsenden Schwellenländern“ anstrebten. Aber auch: „Ein freier und fairer Welthandel muss im multilateralen Rahmen der Welthandelsorganisation WTO verlässlich geregelt werden.“ Und: „Wir streben deshalb eine Stärkung der WTO an und setzen uns weiterhin für einen vollständigen Abschluss der laufenden Doha-Runde ein.“

Davon haben wir von Sigmar Gabriel gar nichts gehört. Nur, dass einige Schwellenländer (z.B. Indien) eigene Interessen vertreten würden. Und dass das deshalb mit der WTO nicht klappe. CETA kommt im Koalitionsvertrag überhaupt nicht vor. Müssen wir das trotzdem schlucken? Und auch TiSA, von dem im Vertrag auch nichts steht?

Die Erkenntnis, dass eine vernünftige Handelspolitik auch Friedenspolitik sein kann, findet sich auch im Koalitionsvertrag: „Der kluge Einsatz vertrauensbildender Maßnahmen, vertraglicher Vereinbarungen, wirtschafts- und entwicklungspolitischer Instrumente sowie menschenrechtlicher Prinzipien kann auch dazu beitragen, außenpolitische Spannungen abzubauen.“ Von der dazu erforderlichen Entwicklungspolitik war bei Gabriel in Kiel nur am Rande die Rede. Er meinte, das werde das Europäische Parlament schon richten.

Dabei hat offenbar das EU-Verhandlungsmandat die eigenen Grundsätze nicht berücksichtigt. Im Artikel 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union heißt es:

(1) Die Politik der Union auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit wird im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union durchgeführt. Die Politik der Union und die Politik der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit ergänzen und verstärken sich gegenseitig              

Hauptziel der Unionspolitik in diesem Bereich ist die Bekämpfung und auf längere Sicht die Beseitigung der Armut. Bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken können, trägt die Union den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung

Die Union und die Mitgliedstaaten kommen den im Rahmen der Vereinten Nationen und anderer zuständiger internationaler Organisationen gegebenen Zusagen nach und berücksichtigen die in diesem Rahmen gebilligten Zielsetzungen.

Eine eigene Studie des BMZ kommt zum Ergebnis, dass entwicklungspolitische Fragen schon beim Verhandlungsmandat der EU-Kommission ausgespart worden sind.

Vielleicht sollte die dramatische Zuspitzung der Flüchtlingsfrage – gerade auch aus Afrika – die EU daran erinnern, dass eine sozial gerechte Weltwirtschaftspolitik erforderlich ist, wenn Fluchtursachen bekämpft werden sollen.

Doch die EU drängt afrikanische Staaten zum Abschluss von Freihandelsabkommen mit dem Abbau von Zöllen, um die Türen für Agrarprodukte aus Europa zu öffnen. Die afrikanischen Kleinbauern können damit nicht konkurrieren. Und die großen Fangschiffe aus der EU fangen den kleinen Fischern an Afrikas Küsten die Fische weg. Wir müssen uns nicht wundern, wenn viele dieser Menschen den Weg nach Norden ins „Paradies“ suchen, auch wenn der mit noch so vielen tödlichen Risiken verbunden ist.

Übrigens wollte die Große Koalition auch Konsequenzen aus der NSA-Affäre ziehen:

Im Koalitionsvertrag vom November 2013 heißt es:

„Wir drängen auf weitere Aufklärung, wie und in welchem Umfang ausländische Nachrichtendienste die Bürgerinnen und Bürger und die deutsche Regierung ausspähen. Um Vertrauen wieder herzustellen, werden wir ein rechtlich verbindliches Abkommen zum Schutz vor Spionage verhandeln. Damit sollen die Bürgerinnen und Bürger, die Regierung und die Wirtschaft vor schrankenloser Ausspähung geschützt werden. Wir stärken die Spionageabwehr. Unsere Kommunikation und Kommunikationsinfrastruktur muss sicherer werden. Dafür verpflichten wir die europäischen Telekommunikationsanbieter, ihre Kommunikationsverbindungen mindestens in der EU zu verschlüsseln und stellen sicher, dass europäische Telekommunikationsanbieter ihre Daten nicht an ausländische Nachrichtendienste weiterleiten dürfen.“

Die Roten Linien des Parteikonvents vom September 2014 zu TTIP    

Gern wird auf die Beschlüsse des Parteikonvents zu TTIP vom 20. September 2014 hingewiesen, in denen es eine bedingte Zustimmung zu TTIP gegeben hat. Es lohnt sich, die Bedingungen noch einmal nachzulesen, bei denen es auch im nächsten Konvent bleiben sollte:

Der Parteikonvent hat am 20. September 2014 in Berlin zum geplanten Freihandelsabkommen EU-USA (TTIP) Stellung genommen und dabei eine Reihe von „Roten Linien“ markiert, die für die SPD nicht überschritten werden dürfen. Sigmar Gabriel und Ralf Stegner haben am 22. April 2015 in Kiel bestätigt, dass die SPD ein Abkommen ablehnen werde, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind.

Der Konvent hat zunächst Handelsgespräche über ein Freihandelsabkommen begrüßt:

  „Handelsgespräche zwischen den großen Wirtschaftsräumen USA und EU, die in ein Freihandelsabkommen münden, eröffnen die Chance die bilateralen Handelsbeziehungen zu intensivieren und dabei fair und nachhaltiger zu gestalten. Das Abkommen könnte auch dazu beitragen, faire und nachhaltige Handelsregeln global voranzutreiben und Maßstäbe zu setzen. Es geht darum, zusätzlichen Wohlstand tatsächlich breiten Bevölkerungsschichten zukommen zu lassen, wirtschaftliche, soziale und ökologische Standards zu verbessern, sowie faire Wettbewerbs- und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.“

 

Dabei hat sich inzwischen das Versprechen von „zusätzlichem Wohlstand“ für breitere Bevölkerungsschichten erledigt. Die EU-Kommission hat die Hochrechnungen von ihrer Website genommen. Und Gabriel selbst spricht von „Voodoo-Ökonomie“.

 

 Rote Linie 1 – Erhaltung unserer Standards

„Das Freihandelsabkommen darf Arbeitnehmerrechte, Verbraucherschutz-, Sozial- und Umweltstandards nicht gefährden. Einen Dumping-Wettbewerb, bei dem Staaten und Unternehmen sich Vorteile über Sozial- und Umweltschutzdumping verschaffen, lehnen wir ab. Deshalb muss im Rahmen des Handelsabkommens darauf hingewirkt werden, Mitbestimmungsrechte,  Arbeits-, Gesundheits- und Verbraucherschutz-, sowie Sozial- und Umweltstandards zu verbessern.“

Rote Linie 2 – Keine Absenkung des Schutzniveaus

„...Eine gegenseitige Anerkennung von Standards und Zulassungsverfahren darf es nur geben, wenn damit keine Absenkung des Schutzniveaus verbunden ist. Die parlamentarische Hoheit über die Definition von Standards und Zulassungsverfahren muss sichergestellt bleiben.“

Rote Linie 3 – Standards müssen verbessert werden können

Ein hohes Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutzniveau soll nicht nur im Einklang mit dem Besitzstand der EU und den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gewahrt, sondern muss auch weiter verbessert werden können. Beide Vertragspartner sollten sich verpflichten, internationale Übereinkünfte und Normen in den Bereichen Umwelt, Arbeit und Verbraucherschutz zu beachten und umzusetzen, insbesondere die ILO-Kernarbeitsnormen und die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Dazu sollten beide Vertragspartner ein Zeitfenster vereinbaren, innerhalb dessen die Ratifizierung, Umsetzung und Überwachung dieser internationalen Übereinkünfte geregelt wird. Die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards muss in Konfliktfällen genauso wirkungsvoll sichergestellt sein, wie die Einhaltung anderer Regeln des Abkommens.

Rote Linie 4 – Schutzrechte dürfen keine „Handelshemmnisse“ werden

„In keinem Fall dürfen das Recht der Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie oder andere Schutzrechte für Arbeitnehmer, die Umwelt und Verbraucher als „nicht-tarifäre Handelshemmnisse“ interpretiert werden. Entsprechende nationale Gesetze oder Vorschriften eines EU-Mitgliedsstaates – insbesondere hinsichtlich der Regulierung des Arbeitsmarktes oder sozialer Sicherungssysteme, der Tarifautonomie, des Streikrechts, Mindestlöhnen und Tarifverträgen – müssen in diesem Sinne von einem Abkommen unberührt bleiben. Das gilt nicht nur für das gegenwärtige, sondern auch für künftige Erweiterungen dieser Schutzrechte. Derartige Möglichkeiten dürfen durch ein Abkommen nicht eingeschränkt oder behindert werden.“

Rote Linie 5 – Parlamente entscheiden und keine „Regulierungsräte“

„Prinzipiell ist auszuschließen, dass das demokratische Recht, Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen zu schaffen, gefährdet, ausgehebelt oder umgangen wird oder dass ein Marktzugang, der solchen Regeln widerspricht, einklagbar wird. Die Fähigkeit von Parlamenten und Regierungen, Gesetze und Regeln zum Schutz und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu erlassen, darf auch nicht durch die Schaffung eines „Regulierungsrates“ im Kontext regulatorischer Kooperation oder durch weitgehende Investitionsschutzvorschriften erschwert werden.“

Rote Linie 6 – Kein Investor-Staat-Schiedsverfahren

„Investitionsschutzvorschriften sind in einem Abkommen zwischen den USA und der EU grundsätzlich nicht erforderlich und sollten nicht mit TTIP eingeführt werden. In jedem Fall sind Investor-Staat-Schiedsverfahren und unklare Definitionen von Rechtsbergriffen, wie „Faire und Gerechte Behandlung“ oder „Indirekte Enteignung“ abzulehnen.“

Rote Linie 7 – Umfassender Gestaltungsraum für Daseinsvorsorge

„Die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge in der EU muss gewahrt werden. Für den Bereich der Daseinsvorsorge sollen keine Verpflichtungen in Deutschland übernommen werden. Bisherige EU-Vereinbarungen zum Schutz öffentlicher Dienstleistungen dürfen nicht durch das Abkommen beeinträchtigt werden. Den nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften wird für die Ausgestaltung von Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse ein umfassender Gestaltungsraum garantiert. Audiovisuelle Dienstleistungen sind dauerhaft vom Anwendungsbereich des Abkommens auszunehmen.“

Rote Linie 8 – Kein Zwang zur Liberalisierung und Privatisierung

„Die Mitgliedstaaten der EU müssen darüber hinaus das Recht haben, die öffentliche Kultur--- und Medienförderung vollständig zu erhalten. Auch die Daseinsvorsorge durch die Freie Wohlfahrtspflege muss erhalten bleiben. Die Entscheidungsfreiheit regionaler Körperschaften über die Organisation der Daseinsvorsorge muss unberührt bleiben. Es darf keinen direkten oder indirekten Zwang zu weiterer Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen oder gar eine Priorisierung „privat vor öffentlich“ durch das Abkommen geben. Der Gestaltungsspielraum ist für die Zukunft zu gewährleisten.“

Rote Linie 9 – Positivlisten und keine Negativlisten

„Wir sind der Auffassung, dass ein Positivkatalog besser ist und mehr Vertrauen schafft als der bisherige Ansatz der Negativlisten. Dieser Positivlistenansatz würde ausschließen, dass alle Bereiche liberalisiert werden können, die nicht explizit aufgelistet sind.“

Rote Linie 10 – Strikte Regulierung der Finanzmärkte

„Die Erfahrungen mit der jüngsten Weltwirtschaftskrise zeigen, dass statt einer völligen Freigabe des Kapitalverkehrs und einer weiteren Liberalisierung von Finanzdienstleistungen eine strikte Regulierung der Finanzmärkte notwendig ist. Der Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern und die Stabilität der Weltwirtschaft würden wachsen, wenn es gelänge, die transatlantischen Verhandlungen auch für eine stärkere Regulierung bislang nicht ausreichend regulierter Bereiche der globalisierten Finanzmärkte zu nutzen.“

Rote Linie 11 – Soziale und ökologische Kriterien für Vergabe und Beschaffung

„Im Bereich der öffentlichen Vergabe und Beschaffung dürfen soziale und ökologische Vergabekriterien und ihre mögliche Erweiterung nicht in Frage gestellt werden. Unternehmen, die öffentliche Aufträge bekommen wollen, müssen auf Einhaltung der jeweiligen Vergabekriterien, wie etwa die Tariftreue, verpflichtet werden können.“

Rote Linie 12 – Kündigung muss möglich sein

„Ein Abkommen soll eine Klausel enthalten, die eine Korrektur von unerwünschten Fehlentwicklungen und ggf. Kündigung ermöglicht.“

Rote Linie 13 – Kein Zeitdruck und Zustimmungerfordernis durch EP und 28 Parlamente nötig

„Für den weiteren Verlauf der Verhandlungen ist jeder Zeitdruck abzulehnen...Ein transatlantisches Abkommen, das den Bürgerinnen und Bürgern nutzen soll, darf nicht verhandelt werden, als müssten die Ergebnisse vor der Öffentlichkeit verborgen werden Dies zeigt: Ein TTIP, das die Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger nicht berücksichtigt, darf und wird es nicht geben...Die EU-Kommission ist aufgefordert, auf dieser Grundlage und im Bewusstsein um die Sensibilität des Abkommens zu verhandeln. Das Abkommen steht unter dem Zustimmungsvorbehalt des Europäischen Parlaments, des Rates und auch unter dem Zustimmungsvorbehalt der 28 nationalen Ratifizierungsprozesse.“

Die Legende vom Vorteil für die KMU

TTIP-Befürworter preisen vielfach die positiven Auswirkungen von TTIP etc. auf die Marktchancen kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU). In der Regel wird dies mit Einzelbeispielen oder kleineren Umfragen unter exportorientierten Unternehmen illustriert.

Attac hat sich damit kritisch auseinandergesetzt:

Von TTIP würden vor allem große Konzerne profitieren. Für die allermeisten kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland würde es mehr Risiken als Chancen mit sich bringen.

Die Wachstumsprognosen sind überzogen und unseriös. Bis März 2015 behaupteten EU-Kommission etc., dass TTIP erhebliche Wachstums­ und Einkommensgewinne sowie hunderttausende Arbeitsplätze in der EU bringen würde. Doch die behaupteten Wachstumszahlen wurden sogar von jenen Studien, die die EU-Kommission selbst in Auftrag gegeben hatte, nicht bestätigt. inzwischen haben EU-Kommission und BDI ihre überzogenen und falsch dargestellten Prognosen  zurückgezogen. Und Sigmar Gabriel spricht sogar von „Voodoo-Ökonomie“. Wenn aber kein nennenswertes gesamtwirtschaftliches Wachstum durch TTIP geschaffen wird, kann es nur Umschichtungen innerhalb der Wirtschaft geben, also Gewinner und Verlierer. Dabei wird die Mehrheit der KMU zu den Verlierern gehören.

Weltmarktexporte  haben für KMU - anders als für Großunternehmen - nur eine geringe Bedeutung: Nur sieben Prozent der KMU in Deutschland tauchen als Exporteure in der Außenhandelsstatistik  auf. Auch im Handel mit den USA spielen sie eine geringe Rolle. Der Anteil deutscher KMU an den Exporten in die USA liegt bei lediglich 15 Prozent. Auf die 150.000 europäischen KMU, die in die USA exportieren, entfallen zudem nur 28 Prozent des gesamten EU-Exports in die USA. Der Löwenanteil (72 Prozent) des europäischen Exportgeschäfts mit den USA liegt bei gerade mal 19.000 Großunternehmen.

TTIP-Befürworter verweisen gerne auf vermeintliche Effektivitätsgewinne durch harmonisierte Standards. Dabei würde es auch mit TTIP in den USA keine einheitlich geregelte Übernahme von Normen geben, diese sind oftmals Sache des betreffenden Bundesstaats oder sogar Counties. Es ist zweifelhaft, ob die versprochenen Harmonisierungen überhaupt gelingen. In mehreren Themenbereichen  haben die Verhandler bereits unüberbrückbare Unterschiede konstatiert. Trotz jahrzehntelanger  intensiver Harmonisierung sind sogar innerhalb der EU etwa Steckerformen immer noch national verschieden.  Mit dem zweifelhaften Versprechen  gemeinsamer internationaler Produktionsstandards transportiert TTIP jedoch zahlreiche wettere, in vielerlei Hinsicht problematische Vereinbarungen.

Abgesenkte Qualitätsstandards könnten dazu führen, dass transnationale Konzerne KMU mit einer Niedrigpreisstrategie vom Markt verdrängen. Denn KMU sind in der Mehrheit stark spezialisierte Anbieter von Produkten hoher Qualität mit großer Innovationskraft. Ordnungspolitische Maßnahmen zum Schutz dieser Anbieter würden aber gegen TTIP verstoßen. Auch der lnvestorenschutz (ISDS) benachteiligt KMU: Allein die durchschnittlichen Verfahrenskosten von acht Millionen Euro pro Schiedsverfahren können die wenigsten KMU aufbringen. Hier würde ein Zweiklassenrecht auch für Unternehmen eingeführt.

Untersuchungen über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) stellen für Kanada und USA nur geringe, für Mexiko sogar negative Wachstumseffekte fest. Zudem haben sich die negativen und positiven Folgen des Abkommens sehr unterschiedlich verteilt: In Kanada etwa verdoppelte sich die Wirtschaftskraft der größten börsennotierten Konzerne, während die Arbeitnehmer, KMU und besonders die kleinteilige Landwirtschaft zu leiden hatten. Wichtige gesamtwirtschaftliche Indikatoren haben sich deutlich verringert.

Sind die TTIP-Gegner alle nur schlecht informiert?

Sigmar Gabriel argumentiert gern damit, die bisher vorliegenden (lange geheim gehaltenen) Texte müssten genauer gelesen werden. Wer öffentlich dagegen Stellung nehme, sei nicht kompetent genug. Deshalb hier noch einmal ein Positionspapier von einer Reihe zivilgesellschaftlicher Organisationen vom Januar 2015. Zu den Unterzeichnern gehören:

  • Der Deutsche Gewerkschaftsbund
  • Die IG Metall
  • ver.di
  • Der BUND für Umwelt- und Naturschutz
  • Der Deutsche Städtetag
  • Der Bundesverband Verbraucherzentrale
  • Die Akademie der Künste
  • Der Deutsche Kulturrat
  • Der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft

Und hier ihr Text im Auszug:
Für eine Handelspolitik im Interesse der Menschen und der Umwelt
Keine transatlantischen Handels- und Investitions-Abkommen auf Kosten von Demokratie und Rechtsstaat, Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards, Subsidiarität und kultureller Vielfalt

Die geplanten bilateralen Freihandelsvertrage der Europäischen Union mit den USA und Kanada haben in Deutschland und Europa, aber auch in Nordamerika eine öffentliche Diskussion über das Verhältnis von Freihandel, materiellen Standards, gesellschaftlichen Werten und demokratischen Entscheidungsverfahren hervorgerufen, wie es sie seit vielen Jahren nicht gegeben hat. Unsere Verbände, Gruppen und Institutionen haben bei etlichen Gelegenheiten zu den Zielen der Verhandlungen, dem Verhandlungsverfahren und den bisher bekannten Ergebnissen kritisch Stellung genommen.

Dabei treten wir gemeinsam ein für eine Handels- und Investitionsschutzpolitik, die auf hohen ökologischen und sozialen Standards beruht und nachhaltige Entwicklung in allen Ländern fördert. Sie muss insbesondere die Souveränität der Parlamente erhalten, nationale wie internationale Standards zum Schutz von Mensch und Umwelt respektieren, kommunale Selbstverwaltung und Aufgabenerfüllung gewährleisten, Transparenz in globalen Wertschöpfungsketten erhöhen sowie Unternehmensverantwortung und Rechenschaftspflichten von Unternehmen weltweit stärken. Wir brauchen soziale und ökologische Leitplanken für die Globalisierung, die dafür sorgen, dass Preise und Märkte auch die wahren Kosten widerspiegeln und diese nicht auf sozial Schwache oder die Umwelt abgewälzt werden.

Mein Kommentar: Das sind ziemlich viele in unserer Gesellschaft, die TTIP und CETA nicht trauen. Und die haben alle die Texte sorgfältig gelesen. Sie sollten auch in der SPD Gehör finden.

Zum Schluss einige persönliche Bemerkungen von Eckart Kuhlwein:

  1. Wir sind den USA gerade in diesem Jahr dankbar, dass sie uns gemeinsam mit der Roten Armee 1945 von den Nazis befreit haben. Sie haben uns danach Demokratie gelehrt. Aber sie müssen sich nicht wundern, wenn wir die gelernten Maßstäbe auch auf befreundete Länder anwenden.
  2. Seit wir ziemlich präzise wissen, dass US-amerikanische Dienste (mit Hilfe unseres BND) laufend auch Wirtschaftsunternehmen und politische Personen bzw. Institutionen in der Europäischen Union ausspionieren, kann es kein Vertrauen für wirtschaftliche Abkommen EU-USA geben (Angela Merkel: Das geht gar nicht!).
  3. Die viel beschworenen „gemeinsamen Werte“ zwischen EU-Europa und den USA bestehen allenfalls auf den Finanzmärkten. Und ich möchte nicht, dass Europa eines Tages abhängig von der „Tea Party“ wird.
  4. Europa hat sich viel zu oft – manchmal mit Ausnahme Deutschlands (z.B. beim Irak-Krieg oder in Libyen) – in militärische Abenteuer der USA hineinziehen lassen, etwa in Afghanistan, im Irak, in Libyen. Die Folgen sind bekannt. Jetzt darf nicht auf die militärische NATO auch noch eine Wirtschafts-NATO folgen.
  5. Wenn unserer Position nun auch noch „Anti-Amerikanismus“ vorgeworfen wird, ist das die falsche Schublade. Aber wir haben zum Beispiel grundlegende Differenzen in Sachen Menschenrechte – siehe Abu Ghraib, Guantanamo, Todesstrafe, Rassismus – und in der Frage einer nachhaltigen Entwicklung – siehe Weltklima, Fracking, Agrarexporte, Gentechnik.

 

 
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