SPD Nortorf

Vereine und Verbände der Nortorfer Arbeiterschaft
Vereine und Verbände der Nortorfer Arbeiterschaft
Willi Mallons Erinnerungen an die Vereine und Verbände der Nortorfer Arbeiterschaft von 1921 - 1933

Von der Zahl her gesehen war Nortorf zur damaligen Zeit mit nur 3.000 Einwohnern ein sehr kleines Städtchen. Thienbüttel war noch eine eigenständige Bauerngemeinde mit einer Schule und auch mit Vereinen. Um so mehr darf ohne Übertreibung gesagt werden, dass das Vereinsleben innerhalb der Arbeiterschaft außergewöhnlich rege war. Das führte auch dazu, dass 1930 die SPD 8 Stadtverordnete stellte und mit Rudolf Georgi auch den stellvertretenden Bürgermeister. Jens Bahns, Paul Bader und Willi Riecken gehörten zu den ersten SPD Stadtverordneten.

An Organisationen waren aktiv tätig:

1. Die SPD mit ihren Untergliederungen sozialistische Arbeiterjugend und die Roten Falken  
2. das Reichsbanner SchwarzRotGold  
3. die Freie Turnerschaft  
4. die Gewerkschaften  
5. die Arbeiterwohlfahrt  
6. der Gesangverein Vorwärts  
7. der Radfahrerverein Solidarität  
8. der Arbeiter-Samariter-Bund  
9. der Arbeitermandolinenclub  
10. die Arbeitertheatergruppe  


Aus der Arbeit einzelner Vereine wird aus der Erinnerung heraus berichtet.

Die SPD

Über die SPD kann ich nicht sehr viel berichten. Bekannt ist mir nur, dass durch den Zuzug der Lederarbeiter der Firma Böhme, deren Fabrik in Wilster abbrannte und in Nortorf um 1912 wieder aufgebaut wurde, die SPD viele neue Mitglieder gewann. Bei Wahlen wurden in den Wahllokalen von Parteigenossen die Namen der Wähler abgehakt, um so feststellen zu können, wer gewählt hatte und wer nicht. Die Nichtwähler unter den Arbeitern wurden dann in die Wahllokale geholt. Damals kannte man ja noch jeden Nortorfer. 

Führend tätig waren Willi Krüger, Paul Bader, Rudolf Georgi, Jens Bahns und sicherlich noch andere, die mir nicht mehr so in Erinnerung sind. Ich selbst war so um 1928 bei den Roten Falken und später auch in der sozialistischen Arbeiterjugend. Unser Leiter war Friedrich Wulf. Wir waren nur eine kleine Gruppe, in der gesungen und Spiele durchgeführt wurden. Wir alle waren ja aber auch noch im Jungbanner und in der FT aktiv tätig. 

Vor Wahlen fuhren wir bis Bokel und Krogaspe mit unseren Fahrrädern und verteilten Schriften der SPD. In Nortorf klebten wir auch Plakate und malten mittels Schablonen die 3 Pfeile aufs Pflaster. Karl Reinke, unser Kunstmaler verstand es gut, den Hitlerkopf in einen Eselskopf auf den Plakaten zu verwandeln. Nur dass wir für Hindenburg Reklame machen sollten, haben wir nicht ganz verstanden. 

1933 wurde ich gerade erst18 Jahre alt, aber ich war schon Genosse und war stolz darauf, soweit ich überhaupt stolz sein kann. Damals war ein Genosse mehr als ein Freund, er war ein Mitkämpfer, auf den Verlass in jeder Beziehung war. Er war eben ein Genosse. Nachdem die Nazis diese Ehrenbezeichnung für sich übernahmen, ist dieses Wort für mich entehrt. Die PGs sollen es behalten und es sollte mit ihnen sterben. Das ist meine Meinung. Heute, wo es kaum noch viel zu kämpfen gibt, genügt völlig der Parteifreund.

Das war die SPD.


Das Reichsbanner SchwarzRotGold

Als Reaktion auf den Kapp-Putsch und andere Aufstände wurde von den demokratischen Parteien das Reichsbanner ins Leben gerufen. Während in Westdeutschland viele Zentrumsmitglieder Angehörige des Reichsbanners wurden, waren hier nur Angehörige der SPD im Reichsbanner. In Nortorf war das Reichsbanner, zu dem später auch noch das Jugendbanner kam, eine sehr starke Abteilung, denen die Nazis nichts entgegenzustellen hatten. Das war bis 1933 so. Die SA hatte hier nichts zu bestellen. Sie holte ihre Leute aus den Dörfern. 

In Nortorf wurden einige Grosskundgebungen durchgeführt, die auch auf die Spießbürger einen starken Eindruck machten. Das ging aus einem Bericht der Nortorfer Zeitung hervor. Als Wahlhelfer hat sich das Reichsbanner immer stark eingesetzt. Es hat fast immer die Nazis aus Nortorf ferngehalten. In der Zeit ab 1933 kam ein zu einigen Begegnungen mit der SA, die dann aber dabei schlecht aussah. 

Zum Reichsbanner gehörte auch der Spielmannszug, der gleichzeitig für die Freie Turnerschaft tätig war. Ab 1930 war ich dabei und habe so an den Einweihungen mehrerer Friedrich Ebert Gedenkstätten teilgenommen, beispielsweise in Itzehoe, Bramstedt, Nortorf, Büdelsdorf. Es waren für die damalige Zeit gewaltige Aufmärsche. Nach der Kieler Grosskundgebung mit Braun und Severing 1932 fuhr die Lastwagenkolonne auch nach Nortorf um zu demonstrieren. 

Aber es wurden außerdem auch Familienfahrten unternommen, so eine Fahrt nach Hagenbeck mit 2 LKWs der Firma Stange, Neumünster, damals noch mit Vollgummireifen. Ich war wie immer mit von der Partie. In den ersten Jahren war Erich Harms Leiter des Reichsbanners, später dann Hans Mester und für das Jugendbanner, einer Gruppe von ca. 40 Jugendlichen Adolf Geerdts. Wir Jugendlichen wurden in Judo geschult und machten zusammen mit den Kielern, Neumünsteranern  und Büdelsdorfern wiederholt Geländeübungen übers Wochenende. 

Bei Versammlungen wurde der Saalschutz übernommen. Wenn das Reichsbanner zu einem Ummarsch bei der Turnhalle an der Bargstedter Straße angetreten war und Richard Wilhelm den Tambourstock emporreckte, kam von Hans Mester das Kommando "Für die Republik im Gleichschritt - Marsch!" Ja -  das war schon was, wenn sich über 100 Männer in Windjacken bzw. Grünhemden in Bewegung setzten. Das machte Eindruck und manch einer fühlte sich geworben oder veranlasst mitzumachen. Ich denke immer mal wieder daran.  Wir waren die Arbeiterklasse und wollten es auch sein. Wir stellten unsere Stärke unter Beweis. Wenn an die heutigen SPD-Jünger denke und Vergleiche stelle, weiß ich nicht recht, ob ich schmunzeln oder traurig sein soll.


Die Freie Turnerschaft von 1910 e.V.

Bereits 1910 wurde in Nortorf ein Arbeiterturn- und Sportverein ins Leben gerufen. Dass die sogenannten bürgerlichen Turnvereine der damaligen Zeit Arbeiter und Arbeiterkinder ablehnten, wird wohl der Grund für die Gründung der Freien Turnerschaft gewesen sein. 

Von dem, was bis 1921 geschah, kann ich kaum etwas berichten. Ich weiß nur, dass Nortorfer Spießbürger etliche Mal versucht haben, den Turnern die Übungsmöglichkeiten zu nehmen, in dem sie den Wirten Geld boten für den Entzug der Turnsäle. Das war so bei Fischer, bei Wulf, später Schümann und auch im Schützenhof. 

1921, als 6-jähriger wurde ich Mitglied der Freien Turnerschaft. Wir turnten im Schützenhofsaal. Mir ist noch bekannt, dass ich bei den Turnübungen immer verkehrt kam und Robert Krüger mir helfen musste. Außerdem rutschte ich in Gadeland bei einem Schlagballspiel auf einem Kuhfladen aus und hatten fast genug vom Sportleben. Aber es ging weiter. 

Als Sportfunktionäre bzw. Übungsleiter sind mir noch bekannt: Willi Krüger, Klaus Harder, Rudolf Döbbel, Fritz Steen, Werner Wommelsdorf, Hermann Wommelsdorf, Hermann Rehmke, Ernst Klinger, Richard Wilhelm, Max Holstein, Erich Harms, Hermann ´Schwalenberg, Richard Kaarck, Fritz Buschart und viele andere. Unsere Turngerätschaften im Schützenhof bestanden aus einem Pferd, einem Reck und einem Barren. Außerdem hatten wir im Keller der Volksschule ein paar Eckfahnen und Malstangen. Wir turnten, machten Freiübungen, sangen und spielten Schlagball und nach 1928 dazu noch Handball und Faustball. Zwischenzeitlich gab es auch mal eine Fußballabteilung und eine besonders große Damenturnriege. Vergessen werden soll auch nicht der Spielmannszug, der seit 1920 bestand. 

Infolge der starken Vereinstätigkeiten in allen Nortorfer Arbeitervereinen fehlte es immer wieder an Räumlichkeiten. Auch kam es vor, dass unser Spielfeld auf dem Schulhof vom blauen Verein, dem MTV besetzt gehalten wurde und wir dann auf dem Marktplatz spielten. Es waren also auf die Dauer unhaltbare Zustände. Einige beherzte Männer aus allen Vereinen setzten sich deshalb zusammen und bildeten einen Turnhallenausschuss, der beschloss, eine eigene Sportanlage mit Versammlungsräumlichkeiten zu bauen. Weil alle dabei waren, konnte das bekannte Gelände an der Bargstedter Straße gekauft und mit dem Bau der Turnhalle 1926 begonnen werden. Durch eine groß angelegte Turnhallenlotterie und viel Selbsthilfe gelang das Werk, zwar etwas kleine als geplant aber für uns etwas ganz Großes. In so einer schönen Turnhalle, die von Maler Asmussen kunstvoll ausgemalen war, gelangen uns fast alle Turnübungen. Gebaut hat die Halle Baumeister Reinhold Bastian. Gesagt werden muss noch, dass die Schulturnhalle, die vom Männerturnverein mitgenutzt wurde, weil dieser Verein zur Finanzierung beigetragen hatte, für uns von der FT tabu war. Man ließ die Halle lieber leer stehen. 

Nach Fertigstellung unserer Halle 1928 nahm der gesamte Turnbetrieb einen erheblichen Aufschwung. Fast die gesamte Abgangsklasse der Volksschule war in der Freien Turnerschaft. Außer der Halle war in dem Gebäude ein Versammlungsraum, Toiletten, Waschraum, Umkleideräume und eine große Bühne vorhanden. Selbstverständlich zogen alle Arbeitervereine dort ein und hielten ihre Versammlungen und Übungsabende dort ab. Die Halle war allabendlich ausgebucht. Hallenwart Vadder Döbbel, mein Vater übrigens, hatte alle Hände voll zu tun, um allen Vereinen gerecht zu werden. Öfter half ich ihm bei seiner Arbeit. Als Rentner kam er aber gut zurecht. Normalerweise wurde die eigentliche Turnhalle wie folgt benutzt:

Montag 18.00 - 20.00 h Turnen der Knaben
  20.00 - 22.00 h  Saalfahren der Radfahrer
Dienstag 18.00 - 20.00 h  Turnen der Mädchen
  20.00 - 22.00 h  Turnen der Männer
Mittwoch 20.00 - 22.00 h  Judo vom Jungbanner
Donnerstag 18.00 - 20.00 h Turnen der Knaben
  20.00 - 22.00 h Turnen der Männer
Freitag 18.00 - 20.00 h Turnen der Mädchen
  20.00 - 22.00 h  Turnen der Frauen

Außerdem war auch der Versammlungsraum täglich besetzt. Ca. 80 Personen hatten dort gut Platz. Ihre Übungsabende hielten dort ab: Der Gesangverein Vorwärts, der Spielmannszug, die Arbeiter-Samariter, der Mandolinenclub, die Theatergruppe, die Falken und außerdem die Versammlungen der SPD, des DGB, des Reichsbanner, der AWO wurden dort abgehalten. Ja, sogar die Zeugen Jehovas tagten dort. 

Dass ich mich nach als 50 Jahren noch so gut daran erinnere, liegt wohl daran, dass ich selbst vielfach beteiligt war. 1932 war ich Lehrling und nach Feierabend fast immer in der Turnhalle bzw. auf unserem Sportplatz zu finden. Montags Saalfahren, Dienstags von 18.00 - 20.00 h Vorturner bei den Mädchen, 20.00 - 22.00 h Männerturnen, Mittwochs von 20.00 - 22.00 h Judo und 20.00 - 22.00 h, Donnerstags 20.00 - 22.00 h Männerturnen, Freitags von 18.00 - 20.00 h Vorturner bei den Mädchen und 20.00 - 22.00 h Üben beim Spielmannszug. Die Sonnabende waren meist Veranstaltungen vorbehalten, die in der Turnhalle stattfanden. Einer der vielen Vereine brachte zumeist mit Hilfe der Theatergruppe eigene Vorführungen zu Gehör. Zuhörer fanden sich immer genug ein. Die Bühne und die vielen Sitzgelegenheiten boten sich für Veranstaltungen an, zumal sie billig waren und Geld ja auch knapp war. 

Außer Turnen wurde hauptsächlich Handball gespielt und Leichtathletik betrieben. Männer-, Jugend- und Knabenhandballmannschaften spielten im Turnkreis Neumünster der Freien Turnerschaft um gute Plätze. alle 14 Tage fuhren wir mit dem Fahrrad nach Neumünster entweder zum Stadion, zur Feldstraße oder zum Jugendspielplatz. 

Im Frühjahr 1933 war dann alles zu Ende. Der damalige Bürgermeister Hein, der gleichzeitig Ortsgruppenleiter der NSDAP war, ließ durch einige seiner Ratsherren die Turnhalle besetzen und die Schlüssel einkassieren. Die Freie Turnerschaft wurde verboten. Die Musikinstrumente des Spielmannszuges wurden von der Polizei und einigen SA-Leuten von den einzelnen Mitgliedern des Spielmannszuges abgeholt und der SA übergeben. Dabei wurde auch persönliches Eigentum enteignet. 

Um weiter Sport treiben zu können, trat ich mit einigen Freunden dem MTV bei. Nach ca. einem halben Jahr war aber auch dieser Verein lahmgelegt. Sport wurde nur noch in SA-Stiefeln betrieben. Als 1945 der ganze Spuk vorbei war, setzten sich einige Mitglieder der 3 früheren Sportvereine zusammen und gründeten den heutigen TUS Nortorf. 1. Vorsitzender wurde Heinrich Gosch vom Arbeitsamt.


Die Gewerkschaften

 Durch den Zuzug der Lederarbeiter aus Wilster war wohl der Lederarbeiterverband die größte Einzelgewerkschaft in Nortorf. Außerdem gab es mit Sicherheit den Bauarbeiterverband, den Metall- und Holzarbeiterverband. Die Verbände waren zu einem Ortskartell zusammengefasst. Die jährlichen Gewerkschaftsfeste waren für uns Kinder ganz besonders schöne Erlebnisse, gab es doch so einiges zu gewinnen. 

Da die Gewerkschaftsmitglieder zumeist auch Volkszeitungsleser waren, dürften in Nortorf mindestens 170 Mann organisiert gewesen sein. 170 Zeitungen wurden in Nortorf ausgetragen, die Hälfte davon von mir. Außer Hugo Griese, Heinrich Bock und Heinrich Schüler von der Baugewerkschaft weiß ich nicht, wer sonst noch führend tätig war. 

1945 haben Heinrich Bock und ich die Gewerkschaft neu ins Leben gerufen. Die ersten Marken holten wir per Rad aus Kiel von den Kollegen Diekmann und Stade, Bergstraße 11.

Als Gegenstück zur Habsburger Front, in der sich die Deutschnationalen, der Stahlhelm und die NSDAP zusammengefunden hatten, wurde auch in Nortorf die Eiserne Front gebildet. Zur Eisernen Front gehörten die SPD, die Gewerkschaften und das Reichsbanner SchwarzRotGold. Als Symbol gab es die 3 Pfeile. 

Hätte es die Eiserne Front nur mit den Nazis bzw. der Habsburger Front zu tun gehabt, wäre es wohl kaum zu einem 30. Januar 1933 gekommen. Ein ebenso großer Feind war der Kommunismus. Die Rot-Front-Kämpfer ließen keine Möglichkeit aus, um der Demokratie zu schaden. Wenn nicht anders, dann in Gemeinschaft mit der SA. Das traf zwar nicht für Nortorf zu, aber in Neumünster habe ich es selbst beobachtet und erlebt.


Die Arbeiterwohlfahrt

Über die AWO kann sicherlich Frau Zemke besser berichten. Mir ist bekannt, dass sie bereits damals recht rührig war. Ich weiß nur noch, dass jedes Jahr zu Weihnachten im Holsteinischen Haus eine Weihnachtsfeier stattfand, für die von Klaus und Dora Harder ein Kindertheaterstück eingeübt wurde. Ja, auch da war ich dabei. 

Die Harders waren wohl überhaupt recht rege in der AWO. Minderbemittelte konnten sich dort ihr Mittagessen abholen, Gekocht wurde das Essen im Hause Postredder 1, jetzt Elsner.


Der Arbeitergesangverein Vorwärts

Nortorf hatte früher 3 Gesangvereine: die Liedertafel, der Club Gemütlichkeit und den Gesangverein Vorwärts, den die Lederarbeiter der Firma Böhme mit aus Wilster als Kulturgut nach Nortorf brachten. Langjähriger Vorsitzender bis zum bitteren Ende war Walter Döbbel. Dirigent und Chorleiter war Christian Klünder, der auch die Stadtkapelle leitete. Außer bei eigenen Veranstaltungen, großer Silvesterball usw. trat der beachtliche Chor auch bei Veranstaltungen befreundeter Vereine auf. 

Als Kuriosum möchte ich erwähnen, dass der Verein im Frühjahr 1933 nicht sofort verboten wurde, sondern einen Aufpasser erhielt, der an allen Veranstaltungen teilnahm. Es war der alte PG Hannes Riese. Während einer Vergnügungsfahrt mit dem LKW nach Itzehoe zur Amoehenhöhe mussten wir sogar eine Hakenkreuzfahne mitführen. Wir haben sie verloren. Sie blieb auf der Strecke, der Gesangverein auch.


Der Radfahrerverein Solidarität

Solange ich zurückdenken kann, gabs in Nortorf den Radfahrerverein Solidarität. Unter der Leitung von Fritz und August Neumann wurden viele Radtouren organisiert. Ab 1930 war ich auch dabei. Es gab Wettkämpfe im Langsamfahren, Ringstechen und Radball. 

Als besonderes Ereignis möchte ich das Radballspiel zwischen Tungendorf, dem damaligen Deutschen Meister und Neumünster bezeichnen, das 1929 im Holsteinischen Haus stattfand. Das war etwas ganz Ausgefallenes. So was kannten die Nortorfer noch nicht. 

Mit den Neumünsteranern und Tungendorfern haben wir einige Male schöne Touren gemacht, zumal Neumünster eine eigene Schalmeienkapelle auf Rädern hatte. 

Saalräder konnten wir uns leider nicht leisten. Trotzdem haben wir mannschaftsmäßig in der Turnhalle Reigen und Figuren gefahren. Auch das war 1933 vorbei.


Der Arbeiter-Samariter-Bund

Die Arbeitersamariter in Nortorf waren außergewöhnlich aktiv. Es gab keine Veranstaltung, an der nicht wenigstens ein Samariter teilnahm. Ja, sogar jede Turnstunde war von einem Samariter betreut. Ob wir Handball spielten oder Leichtathletik betrieben, nie ohne Samariter. 

Ernst Steen und Ernst Döbbel standen einer Gruppe von ca. 20 Samaritern vor, die alle voll ausgebildet waren. Ich war kein Samariter, aber bei den Übungen war ich unter den Opfern. Bedauerlich war, dass sich kein Nortorfer Arzt  bereit fand, Ausbildungslehrgänge zu überwachen oder bei Übungen die angelegten Verbände zu begutachten. Unsere Ärzte waren zu reaktionär. Die Arbeitersamariter wurden von auswärtigen Ärzten betreut. Außer den Arzneitaschen und einem großen Arzneischrank waren Tragen und auch ein Tragenwagen vorhanden.


Der Arbeitermandolinenclub

Unter der Leitung von Max Harder, Richard Wilhelm, Georg Kläschen und Rudolf Döbbel gab es ab 1928 einen Mandolinenclub, der auch fleißig übte und auch einige Male bei Veranstaltungen in der Turnhalle aufgetreten ist.


Die Arbeitertheatergruppe

Früher wurde viel öfter Laientheater gemacht als heute. Wenn ein Arbeiterverein eine Veranstaltung durchführte, gab es vorweg meist ein Theaterstück. So hatte sich eine Gruppe zusammengefunden, die immer wieder spielte. Es ist ja auch nicht jedermanns Sache Theater zu spielen. Soweit ich mich erinnere, gehörten zu der Gruppe Fritz Kläschen, Elise Beermann, Rudolf Döbbel, Georg Kläschen und andere.

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Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass Krohns Gasthof das Vereinslokal für alle Arbeitervereine war. Tante Fischer, wie Frau Fischer allgemein genannt wurde, war sehr beliebt. Erst als Sohn Rudi Herr des Hauses wurde, zog die NSDAP und mit ihr die SA dort ein.

Mit meinem Bericht habe ich den Versuch unternommen, etwas von dem festzuhalten, was zur Geschichte der Arbeiterklasse in Nortorf gehört. Sicherlich gibt es Ereignisse oder Personen, die auch wert gewesen wären, festgehalten zu werden. Nach mehr als 50 Jahren ist aber auch bei mir wohl einiges in Vergessenheit geraten.  Vielen Dank fürs Zuhören.

Diese Erinnerungen wurden von Willi Mallon etwa Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre auf Kassette aufgenommen, um sie so der Nachwelt zu erhalten. 

 
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