SPD Nortorf

Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein

Arbeiterbewegung in Schleswig-Holstein

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren die Herzogtümer Schleswig und Holstein nahezu ausschließlich landwirtschaftlich orientiert. Erst nach der Einverleibung in den preußischen Staat im Jahre 1867 setzte hier die eigentliche Industrialisierung ein. Wachtumszentrum waren zunächst die größeren Städte wie Altona (damals die größte Stadt der neuen preußischen Provinz Schleswig-Holstein), Kiel oder Neumünster. Aber auch die kleineren Städte Itzehoe und Rendsburg und Landgemeinden oder Flecken wie Lägerdorf und Nortorf wurden Industriestandorte. Trotzdem bildeten noch viele Jahre die Landarbeiter den überwiegenden Anteil der Arbeiterklasse. Erst 1910 war ein Gleichstand zwischen industriellen und landwirtschaftlichen Arbeitern erreicht.

Mit der Industrialisierung veränderten sich auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen. Schlagworte wie Entfremdung, Entwurzelung und Disziplinierung werden gerne benutzt, um diese Veränderungen zu beschreiben. Das könnte zu dem Schluß verleiten, daß die Arbeitswelt des vorindustriellen Zeitalters heiler gewesen wäre. Dem war natürlich nicht so. Ausbeutung und materielle Not waren auch damals an der Tagesordnung. Was den Arbeitern bis dahin aber gefehlt hatte, war ein Klassenbewußtsein. Gemeinschaftliche Aktionen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen wie etwa die Instenaufstände in Kaltenkirchen  blieben zeitlich und regional begrenzte Einzelfälle. Erst der ideologische Überbau, den der Sozialismus bot, ermöglichte die Bildung einer organisierten Arbeiterschaft.

Am Gründungskongreß des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins am 23. Mai 1863, dem Ausgangspunkt der organisierten Arbeiterbewegung in Deutschland, nahmen auch drei Delegierte aus Hamburg teil. Und von dort aus fanden die Ideen Lasalles ihren Weg nach Schleswig-Holstein. Als sich 1875 in Gotha die 1869 von Liebknecht und Bebel gegründete Sozialdemokratischer Arbeiterpartei und der ADAV zur „Sozialistischen Arbeiter Partei Deutschlands" zusammenschlossen, war Schleswig-Holstein mit zwei gewonnenen Reichstagsmandaten bereits eine Hochburg der Sozialdemokratie. Im preußischen Innenministerium, wo man diese Entwicklung stets mißtrauisch beobachtete, zählte man im selben Jahr über 2000 in „sozialdemokratischen Vereinen" organisierte Mitglieder in Schleswig-Holstein. Diese rekrutierten sich über-wiegend aus den Kreisen der industriellen Facharbeiter. Die Landarbeiter spielten in der organisierten Arbeiterbewegung nur eine untergeordnete Rolle.

Im reaktionären preußischen Staat hatte es die Sozialdemokratie nicht leicht. Die Behörden fanden bald heraus, welche bisher ungeahnten Möglichkeit das Preußische Vereinsgesetz vom 11. März 1850 zur Bekämpfung der Sozialisten bot. Es schrieb u.a. vor, daß Vereinsmitglieder der Polizei schriftlich bekanntzugeben und Versammlungen zum Zweck polizeilicher Überwachung vorher anzumelden wären.

§ 16 schließlich verbot die Verbindung örtlicher Vereine untereinander. Offiziell existierten die lokalen Ortsvereine also unabhängig voneinander; inoffiziell ermöglichte ein System von „Vertrauenspersonen" trotzdem die von den Behörden unerwünschten Kontakte. Das Gesetz galt bis 1899. Bis dahin umging man das Verbot elegant, indem man große, scheinbar unpolitische Feste veranstaltete. So konnten sich die Vereine treffen -  trotz scharfer Überwachung durch die Behörden. Am 27. Juli 1897 fand ein solches Arbeiterfest in Nortorf statt. 

 
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