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Energiewende Ende? |
einen solch massiven Lobbyangriff wie dieser Tage hat die Republik schon lange nicht mehr gesehen: Eon und RWE, der Industrieverband BDI und die Chemiegewerkschaft IG BCE, die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft sie alle schießen sich auf die Energiewende ein. Und sind dabei erfolgreich: Ideen aus ihren diskret lancierten Papieren finden sich eins zu eins in dem Koalitionsvertrag wieder. Quelle Campact |
Wer geglaubt hat, dass, nachdem die Bremser der FDP nicht mehr mitregieren, die Energiewende endlich richtig umgesetzt wird, der erlebt nun ein böses Erwachen.
Unterstützung finden die Lobbyisten der alten Energiemonopole inzwischen nicht nur bei der FDP, sondern auch bei entscheidenden Teilen der SPD und der CDU/ CSU und bei den von Werbegeldern abhängigen Medien sowieso. So können auf allen Medienkanälen Lügen und Halbwahrheiten zur angeblich unbezahlbaren Energiewende verbreitet werden.
Was ist die Energiewende?
In den Medien wird die Energiewende inzwischen auf die Strompreisentwicklung reduziert. Die Energiewende ist jedoch ein ganzes Bündel miteinander verzahnter Maßnahmen und geht über die Änderung der Stromerzeugung weit hinaus. Sie bedeutet langfristig die Unabhängigkeit von Energie-Rohstoffimporten und damit hohe Kosteneinsparungen.
Nicht Ökostrom, sondern zuviel Kohlestrom erhöht die EEG-Umlage!
Trotz gesunkener Ökostromproduktion im 1. Halbjahr 2013 steigt die EEG-Umlage (EEG = Erneuerbare-Energie-Gesetz), offenbar wird mit dem EEG also nicht nur die Investitionen in erneuerbare Energien bezahlt?!
Auf Druck des Verbands der Energiewirtschaft hat die schwarz-gelbe Bundesregierung in 2010 den Börsenhandel für EEG-Strom eingeführt.
Seitdem wird Ökostrom zu 100% verpflichtend an der Börse als normaler Grau-Strom vermarktet. Damit vergrößert sich quasi das Angebot an konventionellem Strom und die Strom- und Einkaufspreise an der Börse fallen. Die Verbraucher zahlen mit der EEG-Umlage die Differenz zwischen Einspeisevergütung und dem Börsenverkaufspreis. Bei sinkendem Börsenpreis steigt deshalb die Umlage. So finanzieren die privaten Stromkunden immer mehr die niedrigen Strompreise von Großabnehmern und Industrie, die zudem noch von der EEG-Umlage und den Netzentgelten befreit sind (Abb. 1).
Verstopfte Netze, gesättigter Markt...
Die Börsenpreise sinken aber nicht, weil Wind- und Sonnenkraft zuviel Strom erzeugen, sondern weil zuviel extrem klimaschädlicher Kohlestrom eingespeist wird. Die Zahl der Stunden mit negativen Strompreisen an der Börse (d.h. mehr Stromangebot als Stromnachfrage) im ersten Halbjahr 2013 hat gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 50% zugenommen, im gleichen Zeitraum ist die Einspeisung von Ökostrom und Strom aus Erdgaskraftwerken aber stark zurückgegangen! Da die Einspeisung aus Atomkraft konstant blieb, wird deutlich, dass die Stromerzeugung aus Stein- und Braunkohle gegenüber 2012 drastisch angestiegen ist. Die unflexiblen Kohlekraftwerke laufen auch in Zeiten geringer Stromnachfrage beinahe ungebremst und drücken zu viel Strom in die Netze. Ökostrom-Anlagen werden dann, weil flexibel, zwangsweise vom Netz getrennt.
Durch wachsenden Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien und dem gleichzeitig auch sinkenden Stromverbrauch wird in Deutschland weniger konventioneller Strom gebraucht, was ganz im Sinne der Energiewende ist. Dies bedeutet jedoch, dass im gleichen Umfang konventionelle Kraftwerke und zwar die klimaschädlichsten Kohlekraftwerke und die mit hohem Risiken behafteten Kernkraftwerke vom Netz gehen müssten. Tatsächlich werden aber so viele Kohlekraftwerke wie noch nie betrieben. Der Strom wird zum großen Teil ins Ausland exportiert und führt dort zur Abschaltung effizienter Gaskraftwerke (z.B. in den Niederlande). Das führt dazu, dass Deutschland wieder einen steigenden CO2-Ausstoß aufweist und zudem werden Engpässe bei den Übertragungsnetzen provoziert.
...und trotzdem mehr Kohlestrom
Gemäß Bundesnetzagentur gehen in diesem Jahr so viele Kohlekraftwerke ans Netz wie noch nie in den letzten 20 Jahren mit einer Rekordleistung von fast 5300 MW. Es werden aber nur alte Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von knapp 1000 MW abgeschaltet! Damit drängen zusätzlich konventionelle Kraftwerkskapazitäten mit einer Leistung von 4300 MW auf einen jetzt schon gesättigten Markt. Und da noch weitere Kohlekraftwerke in Planung sind, die in den nächsten Jahren ans Netz gehen sollen, sinken die Preise an der Strombörse noch weiter ab. Dies führt dazu, dass vom Stromkunden ein höherer Ausgleich für das EEG-Konto bezahlt werden muss, da dieser ja die Differenz zwischen Börsenpreis und garantierter Vergütung des Ökostromlieferanten ausgleichen muss . Die reinen Förderkosten für die Erneuerbaren Energien steigen nur wenig, dagegen hat sich der durch den niedrigen Börsenstrompreis nötige Ausgleich fast verdreifacht (Abb. 2).
Im Rahmen der Energie AG wird im Frühjahr 2014 ein Film zu den Chancen und Möglichkeiten der ökologischen Energiewende Die 4. Revolution Energy Autonomy gezeigt. Auf der Veranstaltung besteht die Möglichkeit, auch im persönlichen Gespräch mehr zur Strompreislüge, zur Energiewende und anderen Hintergrundinformationen zu erfahren. Wenn Sie sich vorher schon zu den Hintergründen der Strompreisentwicklung informieren wollen, empfehle ich den beiliegenden Flyer als Einstieg. Auf nachfolgend aufgeführten Internetseiten gibt es detaillierte und verständliche Informationen zur Strompreisentwicklung, zum Klimaschutz und zur Energiewende. http://umweltinstitut.org/energie--klima/allgemeines-energie--klima/strompreis-lugen-1048.html. http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/november/das-sabotierte-jahrhundertprojekt http://www.bee-ev.de/_downloads/publikationen/positionen/2013/20131015_BEE-Hintergrund_EEG-Umlage-2014.pdf http://www.holtsee.de/_Docs/EnergieAGDenkerWulf20130417.pdf |
Die hocheffizienten und vergleichsweise klimafreundlichen Gaskraftwerke werden abgeschaltet, obwohl gerade diese derzeit noch als Ausgleich für das schwankende Ökostromangebot gebraucht würden.
Die Strompreise könnten 2014 sinken, wenn ...
...die massiven Wettbewerbsverzerrungen zugunsten konventioneller Kraftwerke abgeschafft werden.
Beim Atomstrom sind externe Kosten, wie Umweltkosten und Risikokosten, nicht eingepreist.
Klimaschädlicher Kohlestrom kann zu Dumpingpreisen auf dem Strommarkt verkauft werden, weil die CO2-Emissionszertifikate fast nichts mehr kosten.
Im gesamten Zeitraum 1970-2012 wurde erneuerbar erzeugter Strom mit durchschnittlich 3,4 Ct/kWh gefördert. Braunkohlestrom profitierte im selben Zeitraum von staatlichen Förde- rungen von umgerechnet 1,3 Ct/kWh und Steinkohle von 3,3 Ct/kWh. Atomenergie weist mit 4,0 Ct/kWh den höchsten Förderwert auf. Erdgas hat im Zeitraum 2007-2012 von staatlichen Förderungen in Höhe von 0,3 Ct/kWh profitiert. (Quelle: Was Strom wirklich kostet, Studie im Auftrag von greenpeace energy eg und BWE E.V. 2012).
Die Strompreise für Haushalte könnten sinken:
- wenn die niedrigen Strompreise an der Börse an alle (Strom-)Verbraucher weitergegeben und nicht nur die (Groß-)Industrie davon profitieren würde (Abb. 1),
- wenn der massive Preisverfall der CO2-Zertifikate im Emissionshandel gestoppt würde. Ein funktionierender Emissionshandel mit 40 Euro pro Tonne CO2 würde die Umlage um 1,3 ct/kWh reduzieren. Doch auch die zukünftige Regierung verweigert sich einer notwendigen Verknappung der Zertifikate.
- wenn die Zahl der von der EEG- Umlage befreiten Unternehmen reduziert wird.
Und ganz wichtig!
Jeder kann die Energiewende voranbringen, in dem er/sie den Stromanbieter wechselt. Weg von den Blockierern EON und Co. hin zu den echten Vorreitern der Energiewende - die wichtigsten unabhängigen Ökostromanbieter in Deutschland sind die Naturstrom AG, die EWS Schönau GmbH, die Greenpeace Energy eG und die LichtBlick AG, neuerdings auch die Polarstern GmbH (ein noch relativ junger Energieversorger). Diese Anbieter gelten als besonders empfehlenswert, denn sie liefern "echten" Ökostrom, fördern den Bau von Neuanlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien und sind nicht mit den großen Stromkonzernen verflochten, die Atom- und Kohlekraftwerke betreiben (http://www.oekostrom-anbieter.info).
Der Wechsel ist ganz einfach und es gibt garantiert keine Versorgungspause!
Ingo Ratajczak, EnergieAG Holtsee