SPD Nortorf

Solidarität im Verein

Solidarität im Verein

Der sozialdemokratische Arbeiter wurde von der Wiege bis zur Bahre von Organisationen und Vereinen begleitet. Neben Partei und Gewerkschaft spielte die kulturelle Arbeit eine wichtige Rolle in der Bewegung. Das Vereinsleben, die sinnvolle Freizeitgestaltung mit Gleichgesinnten, hatte für viele Arbeiter einen größeren Stellenwert als die politische Arbeit. Die Abgrenzung vom bürgerlichen Vereinsleben und die Suche nach neuen sozialistischen Kulturformen war nicht immer einfach. So wurden die Erscheinungsformen bürgerlicher Vereine von den Arbeitern vielfach übernommen.

Ein Eckpfeiler der Arbeiterkultur waren die Gesangvereine. Arbeiterbewegung und Musik gehörten von Anfang an eng zusammen. In der Zeit des Sozialistengesetzes zwischen 1878 und 1890 waren die Gesangvereine oft die einzige Möglichkeit gewesen, die Parteiarbeit weiterzuführen. Nach der Aufhebung des Gesetzes hatten die Gesangvereine noch größeren Zulauf. Der Nortorfer Arbeitergesangverein unterschied sich dabei von der bürgerlichen Liedertafel weniger in Organisation und Auftreten als vielmehr im Liedgut. Der Arbeitergesangverein trat vor allem bei Parteiveranstaltung und Vereinsfesten auf. Das Repertoire bestand wohl überwiegend aus Kampfliedern der Arbeiterbewegung, aber auch aus Volksliedern und klassischen Stücken. Daß sie dabei dem bürgerlichen Bildungsideal noch verhaftet waren, warf Hanns Eisler, ein bekannter Komponist der Arbeiterbewegung, den deutschen Arbeitersängern vor: Sie pflegten einen „kleinbürgerlichen Musikstil" und entsetzliche Vereinsmeierei". 

Der Nortorfer Arbeitergesang bietet bisher noch kein einheitliches Bild. Vom Sängerfest des Jahres 1897 war schon ausführlich die Rede, danach schweigen die Quellen. Am 19. September 1909 brachte die Volkszeitung dann folgenden Bericht von einer Mitgliederversammlung des Ortsvereins: „Im Verschiedenen stellte Genosse Hamann den Antrag: Die Utensilien des früheren Gesangvereins Arbeiter-Liedertafel, die nach Auflösung derselben dem Sozialdemokratischen Verein übergeben worden sind, jetzt dem Gesangverein ‚Harmonie′ zu übergeben, da derselbe dem allgemeinen Sängerbund beigetreten sei. Der Antrag wurde angenommen (...) Unter der Bezeichnung „Arbeitervergnügungsverein" war die „Harmonie" wahrscheinlich 1908 gegründet worden, hatte zunächst reine Geselligkeitveranstaltung wie zum Beispiel Kindervogelschießen veranstaltet und sich dann  wohl verstärkt dem Gesang zugewandt. In der Folgezeit bereicherte er Parteiveranstaltungen mit seinen Darbietungen. Im Jahre 1911 begegnet uns dann plötzlich ein weiterer Nortorfer Arbeitergesangverein mit Namen „Vorwärts", der, „trotzdem zwei bürgerliche Gesangvereine am Orte bestehen, in dem einen Jahre seines Bestehens eine ganz stattliche Anzahl von Sängern vereinigt" hatte (VZ vom 17/11/1911) Über die Hintergründe dieser Entwicklung ließe sich höchsten spekulieren.

 

Arbeitergesangverein Vorwärts
(Foto: Gronewald)

Neben den Gesangvereinen waren die Sportvereine die zweite Säule der Arbeiterkultur. Bereits 1893 wurde der „Deutsche Arbeiter-Turnerbund" gegründet, mit dem sich die Arbeiter von der „Deutschen Turnerschaft" lossagten. Diese war nach der Reichsgründung 1871 immer mehr in das Fahrwasser des wilhelminischen „Hurra-Patriotismus" geraten. Der Losung von Turnvater Jahn „Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei", setzten die Arbeiterturner ihr „Frisch, Frei, Stark, Treu" entgegen. Im Gegensatz zu den bürgerlichen Sportvereine lehnten die Arbeitervereine den reinen Leistungssport ab. „Massensport statt Kampfrekord" lautete ihre Devise. Im Sportverein fanden die Arbeiter den nötigen Ausgleich zur schweren körperlichen Arbeit in der Fabrik. Neben Geräteturnen und Gymnastik wurden Mannschaftsspiele wie Fußball und Handball immer populärer.

In einer Mitgliederversammlung des Ortsvereins im März 1910 wurde erstmals die Gründung eines Arbeiterturnvereins in Nortorf angeregt. Eine daraufhin gewählte dreiköpfige Kommission sollte die erforderlichen Vorarbeiten erledigen und konnte bereits einen Monat später konkrete Ergebnisse vorweisen: „Wie schon bekannt, wurde in der letzten Versammlung des Wahlvereins der Wunsch ausgesprochen, einen Arbeiterturnverein zu gründen. Die dazu gewählte Kommission konnte uns nun mitteilen, daß sich ungefähr 30 Genossen als Mitglieder auf einer Liste unterzeichnet haben. Auch ist es der Kommission gelungen, einen Saal mit Garten zur Ausführung der turnerischen Uebungen zu bekommen. Als Turnwart hat sich ein alter Genosse zur Verfügung gestellt, der schon in früheren Jahren als solcher im hiesigen Männerturnverein tätig war." (VZ vom 06.04.1910) Am 4. Mai 1910 wurde dann die „Freie Turnerschaft Nortorf" im Schützenhof, der zunächst Vereinslokal und Übungsstätte in einem wurde, offiziell gegründet. Zwar genehmigte die Nortorfer Stadtverordnetenversammlung im selben Jahre den Bau einer Turnhalle in der Jahnstraße, aber dort waren die Sportler der Freien Turnerschaft nicht erwünscht. Dieser Umstand sollte in den zwanziger Jahren zu einer langwierigen Auseinandersetzung führen.

 

Freie Turnerschaft von 1910
(Foto: H. D. Wommelsdorf)

 

 

Auszug aus dem Bericht des 7. Schleswig-Holsteinischen Reichstagswahlkreises 1915/1916
(Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn)

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam das rege Vereinsleben Nortorfs dann weitgehend zum Erliegen. Viele der Sänger und Sportler wurden zum Militär eingezogen, so mancher kam nicht zurück. Während des Krieges hatte man andere Sorgen und als er dann endlich vorbei war, gab es das wilhelminische Deutschland mit seinen alten Strukturen nicht mehr. 
 

 

  

 

 




 

VZ vom 27.02.1915 und 09.07.1915

 

 

 

VZ vom 05.10.1916

 

 

 

 

 

 

  



 

 

VZ vom 26.10.1916 und 29.11.1917

 

 

VZ vom 29.04.1918

 
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